Angst lässt sich nicht beseitigen
Was ist also zu tun? Du musst die Angst verstehen. Was ist Angst? Wie entsteht sie? Woher kommt sie? Was ist ihre Botschaft?
Schau sie dir genau an, ohne Urteil – nur so kannst du sie verstehen. Wenn du schon eine vorgefasste Meinung hast, dass Angst verkehrt sei, dass sei nicht da sein darf – „Ich sollte keine Angst haben“ – dann kannst du sie nicht beobachten. Wie willst du dich auf diese Weise mit deiner Angst konfrontieren?
Wie kannst du der Angst ins Auge schauen, wenn du schon beschlossen hast, dass sie dein Feind ist? Seinem Feind schaut man nicht in die Augen. Wenn du sie für verkehrt hältst, wirst du trachten, sie zu umgehen, sie zu vermeiden, sie zu ignorieren. Dann wirst du ihr möglichst aus dem Wege gehen – doch sie wird trotzdem da sein. Das bringt also nichts.
Als erstes musst du deine Bewertung, deine Urteile, deine Ablehnung fallen lassen. Die Angst ist Realität. Du musst dich ihr stellen, musst sie verstehen. Nur durch Verstehen kann sie transformiert werden. In der Tat, sie wird schon durch bloßes Verstehen transformiert. Mehr brauchst du nicht zu tun. Verständnis transformiert die Angst.
Was ist Angst? Zunächst einmal existiert Angst immer in Bezug auf Begehren. Du willst Berühmtheit werden, die prominenteste Person auf der Welt? – Das macht Angst. Was ist, wenn du es nicht schaffst? – Angst taucht auf. Die Angst ist eine Folge deines Begehrens. Du willst der reichste Mensch auf der Welt werden? Was ist, wenn es dir nicht gelingt? – Der Gedanke lässt dich zittern, Angst kommt hoch. Du willst eine Frau ganz für dich haben und hast Angst, dass sie morgen vielleicht nicht mehr bei dir ist. Sie könnte dich wegen eines anderen verlassen. Schließlich ist sie lebendig, sie kann dir weglaufen. Nur eine tote Frau kann dir nicht weglaufen. Aber sie lebt. Nur eine Leiche kannst du besitzen, da brauchst du keine Angst zu haben – die Leiche bleibt dir erhalten. Möbel kannst du besitzen, da besteht keine Angst. Wenn du aber versuchst, einen Menschen zu besitzen, kommt Angst auf. Wer weiß? Gestern hat dir dieses Frau noch nicht gehört, und heute gehört sie dir. Aber wer weiß – vielleicht gehört sie morgen schon einem anderen? Angst taucht auf.
Diese Angst entsteht aus dem Wunsch, etwas zu besitzen. Sie ist nur eine Begleiterscheinung. Die Angst kommt nur daher, dass du etwas besitzen willst. Wenn du nichts besitzen willst, gibt es auch keine Angst. Wenn du nicht den Wunsch hast, in der Zukunft irgendwas sein zu wollen, dann besteht auch keine Angst. Wenn du nicht in den Himmel kommen willst, dann gibt es keine Angst; dann kann der Priester dir keine Angst einjagen. Wenn du irgendwo hinkommen willst, kann niemand dir Angst einjagen.
Sobald du anfängst, ganz im Augenblick zu leben, verschwindet die Angst. Die Angst kommt nur durch das Begehren. Im Grunde erzeugt also unser Wünschen und Begehren die Angst.
Hast Du Angst zu sterben? – Du kannst gar nicht sterben, weil es dich von vornherein gar nicht gibt! Wie könntest du sterben? Geh tief in dein innerstes Sein, schau ganz tief in dich hinein. Wen gibt es dort, der sterben könnte? Wenn du ganz tief hineinschaust, findest du nirgendwo ein „Ich“ oder ein „Selbst“. Folglich ist es auch nicht möglich, dass etwas stirbt. Nur diese Vorstellung eines „Ich“ erzeugt die Angst vor dem Tod. Wenn es das Ich gar nicht gibt, gibt es keinen Tod. Du bist reine Stille, Unsterblichkeit, Ewigkeit – nicht als ein Du, sondern als ein offener Himmel, ungetrübt von jeglicher Vorstellung von „Ich“ oder vom „Selbst“ – grenzenlos, undefiniert. Dann gibt es keine Angst.
Die Angst kommt durch andere Dinge. Du musst dir diese Dinge genauer ansehen – und dadurch, dass du sie dir ansiehst, beginnen sie sich zu verändern.
Du musst die Angst nicht meistern und du musst sie auch nicht loswerden. Sie kann weder gemeistert noch beseitigt werden, sie kann nur verstanden werden. Mache das Verstehen zu deiner einzigen Regel.
Quelle: OSHO - Angst - die Unwägbarkeiten des Lebens verstehen und annehmen